Plinius: Epistulae – Buch 4.22 – Übersetzung

Lateinischer Text: Deutsche Übersetzung:
Liber quartus, Epistula 22 – C. Plinius Sempronio Rufo suo S. Buch 4, Brief 22 – An Rufus
Interfui principis optimi cognitioni in consilium assumptus. Ich war zugegen bei einer Verhandlung, von unserem edlen Fürsten zur Beratung herangezogen.
Gymnicus agon apud Viennenses ex cuiusdam testamento celebratur. Bei den Viennensen gibt es ein Sportfest aufgrund irgendeines Testamentes.
Hunc Trebonius Rufinus, vir egregius nobisque amicus, in duumviratu tollendum abolendumque curavit. Die Abschaffung und Einstellung dieses Festes hat Trebonius Rufinus, ein vortrefflicher Mann und Freund von mir, als Bürgermeister veranlasst.
Negabatur ex auctoritate publica fecisse. Egit ipse causam non minus feliciter quam diserte. Es hieß, er habe das ohne amtliche Befugnis getan. Er vertrat selber seine Sache, ebenso glücklich wie gewandt.
Commendabat actionem, quod tamquam homo Romanus et bonus civis in negotio suo mature et graviter loquebatur. Es kam seiner Verhandlungsführung zugute, dass er wie ein wahrer Römer und guter Bürger in seiner eigenen Angelegenheit besonnen und würdig sprach.
Cum sententiae perrogarentur, dixit Iunius Mauricus, quo viro nihil firmius nihil verius, non esse restituendum Viennensibus agona, adiecit ‚Vellem etiam Romae tolli posset.‘ Als die Stellungnahmen abgefragt wurden, sagte Iunius Mauricus, ein Mann höchster Festigkeit und Aufrichtigkeit, die Viennenser sollten das Sportfest nicht wieder aufnehmen, und fügte hinzu: „Ich wollte, man könnte es auch in Rom abschaffen.“
Constanter, inquis, et fortiter; Quidni? Sed hoc a Maurico novum non est. „Wacker“, sagst Du, „und mutig!“ Warum nicht? Aber das ist bei Mauricus nichts Neues.
Idem apud imperatorem Nervam non minus fortiter. Beim Kaiser Nerva hat er sich nicht weniger mutig gezeigt.
Cenabat Nerva cum paucis; Veiento proximus atque etiam in sinu recumbebat: Dixi omnia cum hominem nominavi. Nerva speiste einmal im kleinen Kreis; Veiento lagerte in seiner Nähe, sogar dicht bei ihm: Wenn ich diesen Namen nenne, ist genug gesagt.
Incidit sermo de Catullo Messalino, qui luminibus orbatus ingenio saevo mala caecitatis addiderat: Das Gespräch kam auf Catullus Messalinus, der, seit er des Augenlichtes beraubt war, seinem grimmigen Wesen noch das Übel der Blindheit hinzugefügt hatte:
Non verebatur, non erubescebat, non miserebatur; Quo saepius a Domitiano non secus ac tela, quae et ipsa caeca et improvida feruntur, in optimum quemque contorquebatur. Er kannte keine Scheu, keine Scham, kein Mitleid; Darum wurde er von Domitian oft wie ein Geschoß, das blind und ohne eigene Absicht dahinsaust, gegen jeden braven Mann losgelassen.
De huius nequitia sanguinariisque sententiis in commune omnes super cenam loquebantur, cum ipse imperator: ‚Quid putamus passurum fuisse si viveret?‘ Über dessen Nichtswürdigkeit und blutrünstige Ratschläge sprachen wir alle in diesem Kreise während des Mahles; da sagte der Kaiser: „Was wäre wohl mit ihm geschehen, wenn er noch lebte?“
Et Mauricus: ‚Nobiscum cenaret.‘ Darauf Mauricus: „Er würde mit uns essen.“
Longius abii, libens tamen. Ich bin abgeschweift, aber gern.
Placuit agona tolli, qui mores Viennensium infecerat, ut noster hic omnium. Es ist beschlossen worden: Das Sportfest wird abgeschafft, es hatte die Sitten der Viennenser verdorben wie unseres hier, alle verdirbt.
Nam Viennensium vitia intra ipsos residunt, nostra late vagantur, utque in corporibus sic in imperio gravissimus est morbus, qui a capite diffunditur. Vale. Denn die Unmoral der Viennenser bleibt auf sie selbst beschränkt, unsere breitet sich weit aus; wie in den Körpern, so auch im ganzen Imperium ist die Krankheit am schwersten, die vom Kopf aus gestreut wird. Lebe wohl.
Eingereicht von Klaus H.

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