Phaedrus: Fabulae – 3,07 (Lupus ad Canem) – Übersetzung

Lateinischer Text: Deutsche Übersetzung:
Lupus ad Canem – Liber tertius (3) Der Wolf und der Hund – Buch 3
Quam dulcis sit libertas breviter proloquar. Wie süß die Freiheit ist, will ich jetzt kurz berichten.
Cani perpasto macie confectus lupus
forte occurrit; dein, salutati invicem
ut restiterunt,“ Unde sic, quaeso, nites?
Bei einem allzu fetten Hund kam einst durch Zufall ein magerer Wolf vorbei; sie grüßten gegenseitig und blieben stehen: „Wovon bist du so wohlgenährt?
Aut quo cibo fecisti tantum corporis? Von welcher Speise hast du einen solchen Körperumfang?
Ego, qui sum longe fortior, pereo fame.“ Ich, der ich doch weit tapferer bin, muss Hungers sterben.“
Canis simpliciter: „Eadem est condicio tibi,
praestare domino si par officium potes.“
Treuherzig sprach der Hund: „Auch du kannst dies erreichen, wenn du es über dich vermagst, gleich mir zu dienen.“
„Quod?“ inquit ille. „Custos ut sis liminis,
a furibus tuearis et noctu domum.
„Wie das?“ fragt jener, „wenn du an der Schwelle wachest und deines Herren Haus bei Nacht vor Dieben schützest.“
Adfertur ultro panis; de mensa sua
dat ossa dominus; frusta iactat familia,
et quod fastidit quisque pulmentarium.
Von allen Seiten bringt man Brot; von seinem Tische gibt mir der Herr die Knochen und die Dienerschaft und manche andere werfen mir die Zukost zu.
Sic sine labore venter impletur meus.“ So wird mein Bauch ohne jede Mühe angefüllt.«
„Ego vero sum paratus: Nunc patior nives
imbresque in silvis asperam vitam trahens.
„Dazu bin ich bereit: Jetzt muss ich Schnee und Regen ertragen, in dem Wald mein schweres Dasein fristend.
Quanto est facilius mihi sub tecto vivere,
et otiosum largo satiari cibo!“
Viel besser ist es für mich, im sicheren Haus zu leben und mich in süßer Ruhe an einer schönen Speise zu erfreuen.“
„Veni ergo mecum.“ Dum procedunt, aspicit
lupus a catena collum detritum cani.
„So komm denn mit.“ Im Gehen aber sah der Wolf den Hals des Hundes, von einer Kette ganz zerschunden.
„Unde hoc, amice?“ „Nil est.“ „Dic, sodes, tamen.“ „Woher ist dies, mein Freund?“ „Ist nichts“ „Oh, sag mir’s doch.“
„Quia videor acer, alligant me interdiu,
luce ut quiescam, et vigilem nox cum venerit:
Crepusculo solutus qua visum est vagor.“
„Weil ich Für bissig gelt, lieg ich des Tags am Strick, dass ich bei Tageslicht ruhe und zur Nachtzeit wache: Doch wenn ich Los bin, schwärm ich hin, wo es mir beliebt.“
„Age, abire si quo est animus, est licentia?“ „Wohlan, ist es dir gestattet, überall hin zu gehen?“
„Non plane est“ inquit. „Fruere quae laudas, canis;
regnare nolo, liber ut non sim mihi.“
„Bei weitem nicht.“ sagte er. „Genieße, was du lobst, o Hund; nicht König möchte ich sein auf Kosten meiner Freiheit.“

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