| Lateinischer Text: | Deutsche Übersetzung: |
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| Lupus ad Canem – Liber tertius (3) | Der Wolf und der Hund – Buch 3 |
| Quam dulcis sit libertas breviter proloquar. | Wie süß die Freiheit ist, will ich jetzt kurz berichten. |
| Cani perpasto macie confectus lupus forte occurrit; dein, salutati invicem ut restiterunt,“ Unde sic, quaeso, nites? |
Bei einem allzu fetten Hund kam einst durch Zufall ein magerer Wolf vorbei; sie grüßten gegenseitig und blieben stehen: „Wovon bist du so wohlgenährt? |
| Aut quo cibo fecisti tantum corporis? | Von welcher Speise hast du einen solchen Körperumfang? |
| Ego, qui sum longe fortior, pereo fame.“ | Ich, der ich doch weit tapferer bin, muss Hungers sterben.“ |
| Canis simpliciter: „Eadem est condicio tibi, praestare domino si par officium potes.“ |
Treuherzig sprach der Hund: „Auch du kannst dies erreichen, wenn du es über dich vermagst, gleich mir zu dienen.“ |
| „Quod?“ inquit ille. „Custos ut sis liminis, a furibus tuearis et noctu domum. |
„Wie das?“ fragt jener, „wenn du an der Schwelle wachest und deines Herren Haus bei Nacht vor Dieben schützest.“ |
| Adfertur ultro panis; de mensa sua dat ossa dominus; frusta iactat familia, et quod fastidit quisque pulmentarium. |
Von allen Seiten bringt man Brot; von seinem Tische gibt mir der Herr die Knochen und die Dienerschaft und manche andere werfen mir die Zukost zu. |
| Sic sine labore venter impletur meus.“ | So wird mein Bauch ohne jede Mühe angefüllt.« |
| „Ego vero sum paratus: Nunc patior nives imbresque in silvis asperam vitam trahens. |
„Dazu bin ich bereit: Jetzt muss ich Schnee und Regen ertragen, in dem Wald mein schweres Dasein fristend. |
| Quanto est facilius mihi sub tecto vivere, et otiosum largo satiari cibo!“ |
Viel besser ist es für mich, im sicheren Haus zu leben und mich in süßer Ruhe an einer schönen Speise zu erfreuen.“ |
| „Veni ergo mecum.“ Dum procedunt, aspicit lupus a catena collum detritum cani. |
„So komm denn mit.“ Im Gehen aber sah der Wolf den Hals des Hundes, von einer Kette ganz zerschunden. |
| „Unde hoc, amice?“ „Nil est.“ „Dic, sodes, tamen.“ | „Woher ist dies, mein Freund?“ „Ist nichts“ „Oh, sag mir’s doch.“ |
| „Quia videor acer, alligant me interdiu, luce ut quiescam, et vigilem nox cum venerit: Crepusculo solutus qua visum est vagor.“ |
„Weil ich Für bissig gelt, lieg ich des Tags am Strick, dass ich bei Tageslicht ruhe und zur Nachtzeit wache: Doch wenn ich Los bin, schwärm ich hin, wo es mir beliebt.“ |
| „Age, abire si quo est animus, est licentia?“ | „Wohlan, ist es dir gestattet, überall hin zu gehen?“ |
| „Non plane est“ inquit. „Fruere quae laudas, canis; regnare nolo, liber ut non sim mihi.“ |
„Bei weitem nicht.“ sagte er. „Genieße, was du lobst, o Hund; nicht König möchte ich sein auf Kosten meiner Freiheit.“ |
