Ovid – Metamorphosen – Liber undecimus – Aesacus – Übersetzung

Tunc iacet unda maris: ventos custodit et arcet
Aeolus egressu praestatque nepotibus aequor.
Hos aliquis senior iunctim freta lata volantes
spectat et ad finem servatos laudat amores: 750
proximus, aut idem, si fors tulit, ‚hic quoque,‘ dixit
‚quem mare carpentem substrictaque crura gerentem
aspicis,‘ (ostendens spatiosum in guttura mergum)
‚regia progenies, et si descendere ad ipsum
ordine perpetuo quaeris, sunt huius origo 755
Ilus et Assaracus raptusque Iovi Ganymedes
Laomedonque senex Priamusque novissima Troiae
tempora sortitus; frater fuit Hectoris iste:
qui nisi sensisset prima nova fata iuventa,
forsitan inferius non Hectore nomen haberet, 760
quamvis est illum proles enixa Dymantis,
Aesacon umbrosa furtim peperisse sub Ida
fertur Alexiroe, Granico nata bicorni.
oderat hic urbes nitidaque remotus ab aula
secretos montes et inambitiosa colebat 765
rura nec Iliacos coetus nisi rarus adibat.
non agreste tamen nec inexpugnabile amori
pectus habens silvas captatam saepe per omnes
aspicit Hesperien patria Cebrenida ripa
iniectos umeris siccantem sole capillos. 770
visa fugit nymphe, veluti perterrita fulvum
cerva lupum longeque lacu deprensa relicto
accipitrem fluvialis anas; quam Troius heros
insequitur celeremque metu celer urget amore.
ecce latens herba coluber fugientis adunco 775
dente pedem strinxit virusque in corpore liquit;
cum vita suppressa fuga est: amplectitur amens
exanimem clamatque „piget, piget esse secutum!
sed non hoc timui, neque erat mihi vincere tanti.
perdidimus miseram nos te duo: vulnus ab angue, 780
a me causa data est! ego sim sceleratior illo,
ni tibi morte mea mortis solacia mittam.“
dixit et e scopulo, quem rauca subederat unda,
se dedit in pontum. Tethys miserata cadentem
molliter excepit nantemque per aequora pennis 785
texit, et optatae non est data copia mortis.
indignatur amans, invitum vivere cogi
obstarique animae misera de sede volenti
exire, utque novas umeris adsumpserat alas,
subvolat atque iterum corpus super aequora mittit. 790
pluma levat casus: furit Aesacos inque profundum
pronus abit letique viam sine fine retemptat.


Deutsche Übersetzung: (Buch 11,Vers 747-792)
Der Taucher (Aesacus)

Einst am kiesigen Strande beschäftiget, Fische zu fangen,
Sah ein bejahreter Greis wehklagende Halcyonen
Über die Flut hinschweben; und billigte sehr die zum Ende
Treu erhaltene Lieb‘ und Zärtlichkeit. Aber sein Nachbar,
Oder derselbe vielleicht: auch dieser da, sprach er, o Gastfreund,
Den du ins streifenden Fluge mit schmächtigen Beinen des Meer durch-
Flattern siehst (und er zeigte den langgehalseten Taucher),
Stammt aus Königesblut; und begehrst du die Folge der Abkunft
Vom uralten Geschlecht, so zählet er unter den Ahnherrn
Ilos, Assarakos auch und Jupiters Raub, Ganymedes,
Auch den grauen Beherrscher Laomedon und der mit Troja
Hinsank, Priamos auch. Von Hektor war er ein Bruder;
Und wenn nicht das Geschick ihn verwandelte früh in der Jugend,
O wer weiß, ob minder genannt er würde, denn Hektor,
Wenn gleich jenen gebar die erhabene Tochter des Dymas;
Und den Äsakos heimlich gebar am schattigen Ida
Alexirhoë, Tochter der zweigehörnten Granikos.

Äsakos haßte die Städt‘; und entfernt vom Schimmer des Hofes
Liebt‘ er einsame Berg‘ und unehrsüchtige Felder;
Nie auch ging er zum Rate der Ilier, oder nur selten.
Doch nicht bäurisch und wild, noch unempfänglich der Liebe
War ihm das Herz. Einst jene, die oft er verfolgt in den Wäldern,
Schaut‘ er (Hesperie hieß sie) am heimischen Borde des Cebren,
Als die zerstreueten Haare sie trocknete gegen die Sonne.
Doch die gesehene Nymph‘ entflüchtete, wie vor dem falben
Wolf die erschrockene Hindin, und weit vom verlassenen Teiche
Unter dem stoßenden Habicht die Ent‘: ihr folgte der Troer
Ungestüm, der die Schnelle vor Angst schnell drängte vor Sehnsucht.

Sieh, in dem Kraute versteckt, die krummgezähnete Natter
Ritzt der Entfliehenden Fuß und hauchet ihr Gift in die Wunde.
Schnell ist gehemmt mit dem Leben die Flucht. Er umfaßt die Entseelte
Sinnlos: Ach! so ruft er, mich reut, mich reut die Verfolgung!
Doch nicht fürchtet‘ ich das; nicht galt so teuer der Sieg mir!
Beid‘ ermordeten wir dich Elende: Wund‘ hat die Schlange,
Ich Ursache verliehn! Ich wär‘ unholder denn jene,
Wenn nicht gleich mein Tod dir Linderung böte des Todes!

Sprach’s, und vom Fels, den unten die brausende Woge zernaget,
Sprang er hinab in die Flut. Da nahm die Erbarmerin Tethys
Sanft den Fallenden auf; und dem Schwimmenden hüllte sie Federn
Über den Leib und entzog den Genuß des ersehneten Todes.
Aber der Liebende zürnt, mit Gewalt zum Leben genötigt,
Daß mißgönnt sei der Seele der Wunsch, aus der elenden Wohnung
Auszugehn: und empor mit neugeflügelten Schultern
Fliegt er und senkt von neuem den Leib auf die wallende Fläche.
Fittiche leichten den Fall: doch der wütende Äsakos stürzet
Über das Haupt in die Tief, und den Tod unablässig versucht er.
Magerkeit gab ihm die Lieb‘; und langgeschenkelte Beine
Bleiben ihm, lang auch der Hals; lang raget das Haupt von dem Busen.
Meerflut liebt er, und heißt, weil er oft abtauchet, ein Taucher.
fecit amor maciem: longa internodia crurum,
longa manet cervix, caput est a corpore longe;
aequora amat nomenque tenet, quia mergitur illo.‘

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.