Ovid – Metamorphosen – Liber octavus – Theseus bei Achelous – Übersetzung

Interea Theseus sociati parte laboris
functus Erectheas Tritonidos ibat ad arces.
clausit iter fecitque moras Achelous eunti
imbre tumens: ’succede meis,‘ ait ‚inclite, tectis, 550
Cecropide, nec te committe rapacibus undis:
ferre trabes solidas obliquaque volvere magno
murmure saxa solent. vidi contermina ripae
cum gregibus stabula alta trahi; nec fortibus illic
profuit armentis nec equis velocibus esse. 555
multa quoque hic torrens nivibus de monte solutis
corpora turbineo iuvenalia vertice mersit.
tutior est requies, solito dum flumina currant
limite, dum tenues capiat suus alveus undas.‘
adnuit Aegides ‚utar,‘ que ‚Acheloe, domoque 560
consilioque tuo‘ respondit; et usus utroque est.
pumice multicavo nec levibus atria tophis
structa subit: molli tellus erat umida musco,
summa lacunabant alterno murice conchae.
iamque duas lucis partes Hyperione menso 565
discubuere toris Theseus comitesque laborum,
hac Ixionides, illa Troezenius heros
parte Lelex, raris iam sparsus tempora canis,
quosque alios parili fuerat dignatus honore
Amnis Acarnanum, laetissimus hospite tanto. 570
protinus adpositas nudae vestigia nymphae
instruxere epulis mensas dapibusque remotis
in gemma posuere merum. tum maximus heros,
aequora prospiciens oculis subiecta, ‚quis‘ inquit
‚ille locus?‘ (digitoque ostendit) ‚et insula nomen 575
quod gerit illa, doce, quamquam non una videtur!‘
Amnis ad haec ’non est‘ inquit ‚quod cernitis unum:
quinque iacent terrae; spatium discrimina fallit.
quoque minus spretae factum mirere Dianae,
naides hae fuerant, quae cum bis quinque iuvencos 580
mactassent rurisque deos ad sacra vocassent,
inmemores nostri festas duxere choreas.
intumui, quantusque feror, cum plurimus umquam,
tantus eram, pariterque animis inmanis et undis
a silvis silvas et ab arvis arva revelli 585
cumque loco nymphas, memores tum denique nostri,
in freta provolvi. fluctus nosterque marisque
continuam diduxit humum partesque resolvit
in totidem, mediis quot cernis Echinadas undis.
ut tamen ipse vides, procul, en procul una recessit 590
insula, grata mihi; Perimelen navita dicit:
huic ego virgineum dilectae nomen ademi;
quod pater Hippodamas aegre tulit inque profundum
propulit e scopulo periturae corpora natae.
excepi nantemque ferens „o proxima mundi 595
regna vagae“ dixi „sortite, Tridentifer, undae,
adfer opem, mersaeque, precor, feritate paterna 601
da, Neptune, locum, vel sit locus ipsa licebit!“
dum loquor, amplexa est artus nova terra natantes 609
et gravis increvit mutatis insula membris.‘


Deutsche Übersetzung: (Buch 8, Vers 545-610)
Achelous

Theseus wandelte heim, von des kalydonischen Ebers
Blutiger Jagd, gen Athenä, der heiligen Burg der Tritonis.
Aber ihm hemmte den Gang, von Regen geschwellt, Achelous.

Heil dir! sagte der Strom; tritt, Herrlicher, unter mein Obdach,
Cekrops Sohn! und vertraue dich nicht den entraffenden Wogen.
Oft dickstämmige Balken, und felsige Blöck‘ in die Quere
Sah ich gewälzt von dem mächtigen Sturz; am benachbarten Ufer
Sah ich erhabene Ställe verschwemmt mit den Herden; und wenig
Half dem Rinde die Kraft und die Schnelligkeit mutigen Rossen.
Oft hat dieses Gewässer, wann Schnee von den Bergen herabschmolz,
Jugendlich blühende Männer getaucht in den wirbelnden Strudel.
Sicherer pflegst du der Ruh‘, bis wieder die Flut in gewohnter
Grenz‘ hinrollt, und geklärt im eigenen Bette sich schmieget.

Beifall gab der Ägid‘: Ich nutze den Rat, Achelous,
Und dein gastliches Haus! antwortet‘ er, jenem gehorchend.

Jetzt in den Saal, aus geriefeltem Tuff und löchrichtem Bimsstein,
Trat er hinein; feucht war von schwellendem Moose der Boden,
Und das Gewölb‘ abwechselnd mit Purpurschnecken und Muscheln.
Als zwei Teile des Tags Hyperion jetzo durchwandelt,
Lagerten sich auf Polster um Theseus seine Genossen:
Dort Ixions Geschlecht, und dort der trözenische Kämpfer
Lelex, dem schon dünner das Haar um die Schläfen ergraute;
Auch der Geladenen Schar, die der akarnanische Strömer
Würdig der Ehre geschätzt, des erhabenen Gastes sich freuend.
Barfuß wandelnde Nymphen bereiteten emsig das Gastmahl,
Tragend die Tisch‘, und ordnend die Kost; nach geräumetem Schmause
Stellten sie Wein in Gefäßen des funkelnden Edelgesteines.
Jetzo fragte der Held, in das Meer vorschauend: Wie heißt doch
Jener Ort? (und er zeigt mit dem Finger ihn) sage den Namen
Jener Insel mir an; wiewohl nicht eine sie scheinet.

Drauf antwortet der Strom: Nicht ist, was wir schauen, nur eines;
Fünf der Lande sind dort; dicht täuscht des Raumes Entfernung.
Und, daß dich weniger wundre die Tat der verschmähten Diana,
Jene waren Najaden, die einst zehn Farren zum Opfer
Schlachteten, und einluden die übrigen Götter des Feldes,
Aber nur mein nicht denkend, Gesang aufführten und Reihntanz.
Hochauf schwellt‘ ich den Strom, und wie voll des Gewoges ich jemals
Rollete, tollet‘ ich jetzt; und an Mut unbändig und Brandung,
Riß ich vom Walde den Wald, und Gefilde mit Macht von Gefilden.
Und mit dem Orte die Nymphen, die nun erst meiner gedachten,
Wälzt‘ ich hinab in den Sund. Von der Wallung des Stroms und des Meeres
Ward die Feste des Landes getrennt, und in Teile gesondert.
So viel, als Echinaden du dort in den Fluten erblickest.

Doch wie du selber bemerkst, fern ziehet sich eine der Inseln
Dort, mir wert und geliebt: Perimela nennt sie der Schiffer.
Dieser raubt‘ ich in Liebe vordem den Namen der Jungfrau.
Dessen ergrimmt ihr Vater Hippodamas; und in die Tiefe
Stürzt‘ er, bevor sie gebar, von dem Fels die eigene Tochter.
Ich empfing sie, und trug die Schwimmende: Der du dem Himmel
Nahes Gebiet, so sprach ich, die Meerflut, zähmst mit dem Dreizack;
Du, in welchem wir enden, wir heiligen Ströme, die Laufbahn!
Diese Getragene kränkt‘ ich! Wenn mild und billig, wenn Vater,
Oder wenn weniger nur Hippodamas frevlerisch wäre,
Mitleid sollt‘ er gewähren dem Kind, und mir selber Verzeihung!
Nahe mit Schutz! und ihr, die der grausame Vater versenkte,
Gib, Neptunus, ihr Raum! wo nicht, laß selber sie Raum sein!
Diesen auch werd‘ ich umfahn; – sein Haupt bewegte der Meerfürst,
Daß vom schaffenden Wink aufschauerten alle Gewässer.
Während ich sprach, so verhüllt‘ Erdreich die schwimmenden Glieder,
Und die verwandelte Nymph‘ umwuchs ein lastendes Eiland.

Hier verstummte der Strom, und tief bewegte das Wunder
Alle. Da lächelte Hohn den Glaubenden, stets ein Verächter
Himmlischer Macht, und trotzig gesinnt, der Sohn des Ixion:
Falsch ist, rief er, das Wort; du leihst, Achelous, den Göttern
Gar zu große Gewalt, wenn sie Bildungen geben und nehmen!

Ringsher staunete man, nicht billigend solcherlei Rede.
Lelex aber vor allen, an Geist und Alter gereifet,
Sagte darauf. Unermeßlich und endlos reichet des Himmels
Allgewalt; und wie immer die Oberen wollten, so ward es.
Daß dir der Zweifel entschwinde, so steht auf Phrygiens Hügeln
Eich‘ und Linde gesellt, im Bezirk der mäßigen Mauer.
Selber sah ich den Ort, als mich in die Fluren des Pelops
Pittheus sandte, wo einst sein herrschender Vater gewaltet.
Ohnweit sumpfet ein See, vordem ein bevölkertes Erdreich,
Jetzo nur Flut, vom Taucher und fischenden Reiher umflattert.

Jupiter kam hierher, wie ein Sterblicher, und mit dem Vater
Sein stabtragender Sohn Merkurius, ohne Gefieder.
Tausend Wohnungen nahn sie, um Obdach bittend und Ruhe;
Tausend Wohnungen sperret das Schloß: Ein Häuschen empfängt sie,
Zwar sehr klein, mit Halmen gedeckt und Rohre des Sumpfes,
Aber die redliche Baucis, und gleich an Alter Philemon,
Beide verlebeten dort die blühende Jugend, und beide
Alterten dort allmählich. Die Armut, offen bekennend,
Machten sie leicht und erträglich mit nicht unwilliger Seele.
Gleichviel, ob du den Herrn dort aufsuchst, oder den Diener:
Zween sind das sämtliche Haus; und dieselbigen tun und befehlen.

Als nun das himmlische Paar sich genaht der ärmlichen Wohnung,
Und, die Scheitel gebückt, zur niedrigen Pforte hineinging,
Heißt sie der freundliche Greis ausruhn auf gestelletem Sessel,
Den mit grobem Gewebe die emsige Baucis bedeckte.
Drauf, dem Herde genaht, zerwühlt sie die lauliche Asche,
Weckt das gestrige Feuer, mit Laub und trockener Rinde
Nährend, und bläst aus dem Rauche mit keuchendem Atem die Flammen.
Kleingespaltenes Holz und gedörretes Reis von dem Boden
Trägt sie herab, und zerknickt’s, und legt es dem Kesselchen unter.
Auch was der Mann an Gemüs‘ im gewässerten Garten gesammelt,
Blättert sie ab. Doch jener mit zweigehörneter Gaffel
Hebt den beräucherten Rücken des Schweins von der rußigen Latte,
Wo er ihn lange gespart, und schneidet ein Stück von der Schulter,
Weniges nur, und zähmet den Schnitt in der brausenden Wallung.
Beide verkürzen indes die Zwischenstund‘ in Gesprächen,
Daß den Verzug nicht fühlen die Fremdlinge. Nahe dem Herde
Hing die buchene Wann‘ am Pflock mit gebogenem Handgriff.
Diese, mit laulichem Wasser gefüllt, empfänget die Glieder
Bähend. Es steht in der Mitte, von fedrigen Kolben des Teichschilfs
Weich ein Lager gestopft, das Gestell und die Füße von Weiden.
Dieses umhüllen sie nun mit Teppichen, die sie gewöhnlich
Nur am restlichen Tag‘ ausbreiteten; aber auch diese
Waren schlecht und veraltet, der weidenen Flechte nicht unwert.
Hierauf ruhn die Götter. Geschürzt dann stellet und zitternd
Baucis den Tisch; doch einer der drei Tischfüße war ungleich;
Bald macht gleich ihn die Scherbe: da untergefügt sie den Höcker
Heilete, jetzo reibt den geebneten grünende Minze.
Aufgetischt wird dann die gesprenkelte Beete der Pallas,
Auch des Herbstes Kornelle, bewahrt in gekläreter Lake;
Rettich, Endivien auch, und Milch zu Käse gerundet;
Eier zugleich, vorsichtig in warmer Asche gewendet:
Alles auf irdnem Geschirr. Der aus Ton geformte Mischkrug
Prangt nun bunt auf der Tafel, und buchene Becher, mit Zierat
Voll geschnitzt, und die Höhlung mit gelblichem Wachse gefirnißt.
Wenige Frist, da sendet der Herd die dampfenden Speisen.
Wieder enthebt man jetzo die nicht hochaltrigen Weine;
Daß sie, entfernt ein kleines, den Raum nicht engen dem Nachtisch.
Hier ist Nuß, hier Feige, gemischt mit runzligen Datteln,
Pflaumen im kleineren Korb‘, im größeren duftende Äpfel,
Und großbeerige Trauben, von Purpurreben gesammelt;
Mitten die weißliche Scheibe des Honiges; aber vor allem
Ladet der heitere Blick, und ein Herz, nicht träge noch kargend.
Beide nun sehn, daß, wie oft sie erschöpfeten, immer der Mischkrug
Wieder von selbst sich füllt, und der Wein freiwillig heranwächst.
Staunend vor Angst und bestürzt, und rückwärts hebend die Hände,
Flehen sie, Baucis zugleich, im Gebet, und der bange Philemon:
Daß sie mit Gnad‘ anschauen das ungerüstete Gastmahl.
Jetzo die einzige Gans, die bei Nacht ihr winziges Häuschen
Hütete, trachten die Eigner den himmlischen Gästen zu opfern.
Jene, mit flatterndem Lauf vor den langsam folgenden Alten,
Müdet sie lang‘ umtäuschend, und fliehet zuletzt, wie um Rettung,
Zu den Unsterblichen selbst; und den Tod verbieten die Herrscher.

Wir sind Götter und tragen den unrechtschaffenen Nachbarn,
Sagten sie, würdigen Lohn. Doch euch vergönnen wir, teillos
Solcher Strafe zu sein. Verlaßt nur euere Wohnung;
Folget unserem Schritt, und hinauf zu den Höhen des Berges
Gehet zugleich! – Sie gehorchen, und beid‘ auf Stäbe gestützet,
Streben sie weit hinauf mit mühsamen Tritten die Anhöh’n.
Jetzo dem Gipfel so fern, wie der Pfeil von der Senne geschnellet,
Abreicht, wenden sie bange den Blick; und in sumpfender Sintflut
Sehen sie alles versenkt; ihr eigenes Häuschen war übrig.
Während sie noch anstaunen, der Nachbarn Schicksal bejammernd;
Sieh! die veraltete Hütte, zu klein auch zweien Bewohnern,
Wandelt zum Tempel sich um: für die Gaffeln ragt ein Gesäul auf:
Rötlich schimmert das Stroh, und wie Gold erscheinet der Giebel,
Bunt getrieben die Pfort‘, und gedeckt der Boden mit Marmor.
Jetzt mit ruhigem Antlitz begann Saturnius also:

Sagt uns, redlicher Greis, und du des redlichen Mannes
Würdige, was ihr begehrt! – Mit Baucis redet Philemon
Weniges, öffnet den Himmlischen drauf den gemeinsamen Ratschluß:

Euere Priester zu sein, und euch zu pflegen des Tempels,
Werd‘ uns vergönnt! Und weil wir in Eintracht immer gelebet,
Laßt die selbige Stund‘ uns beid‘ hinnehmen; und niemals
Schau‘ ich die Gruft der Gattin hinfort, noch bestatte mich jene!

Gleich war Wunsch und Erfolg. Sie pflegeten beide des Tempels,
Ganz ihr Leben hindurch. Da, gelöst von Jahren und Alter,
Einst vor den heiligen Stufen vereint sie standen und sprachen
Über das Schicksal des Orts, sah Baucis in Laub den Philemon,
Sah der alte Philemon in Laub aufgrünen die Baucis.
Und wie nun beider Gesicht der laubige Wipfel emporwuchs:
Leb‘, o Trautester, wohl! und o Trauteste! riefen sie wechselnd,
Weil sie noch konnten, zugleich; und zugleich umhüllte das Antlitz
Beiden Gebüsch. Noch zeigt der tyanischen Fluren Bewohner
Dort das heilige Paar als nachbarlich grünende Bäume.
Wahrheit liebende Greise (warum auch sollten sie täuschen?)
Haben mir solches erzählt. Auch sah ich die hängenden Kränze,
Selbst an den Ästen umher; und hängend den meinigen sagt ich:
Fromme sind Himmlischen wert, und Ehrende werden geehret.

Lelex schloß, und alle bewegete Tat und Verkünder;
Theseus zumeist. Als dieser um mehr der göttlichen Wunder
Bat, da begann, sein Haupt den Arm auflehnend, der Stromgott:

Wozu fremder Beweis? da mir auch, oft zu verwandeln
Diesen Leib, o Jüngling, durch Zahl umschränkte Gewalt ward!
Bald ja erschein‘ ich, was jetzo ich bin, bald ringelnder Drache,
Bald als Fürst der Rinder, und dränge die Kraft in die Hörner.
Hörner! so lang ich vermocht! Nun fehlt der gewaffneten Stirne
Eine Wehr, wie du schaust! Mit Geseufz beschloß er die Worte.

Was erseufzetest du? und woher der Stirne Gebrechen?
Fragt der neptunische Held. Drauf redete Kalydons Stromgott,
Also, mit Rohr umwunden das ungeordnete Haupthaar:

Hart ist, was du begehrst. Denn wer gedenkt, ein Besiegter,
Gern des eigenen Kampfs? Doch treulich erzähl‘ ich ihn! Nicht so
Ruhmlos war’s zu erliegen, als selbst die Beeiferung ruhmvoll!
Und erhabenen Trost gibt uns der erhabene Sieger!
Ward einmal, wie ich traue, vor deinen Ohren der Name
Deïanira genannt; vormals die gepriesenste Jungfrau
War sie, von vielen gesucht mit eifersüchtiger Hoffnung.
Mit in das Haus eingehend des vielbelagerten Schwähers:
Nimm mich, sprach ich, zum Eidam, o Öneus, Sohn des Parthaon.
So auch sprach der Alcide. Die anderen wichen uns beiden.
Jener rühmt‘ als Vater den Jupiter, und die Vollendung
Jeglichen Kampfs, den Juno ihm je stiefmütterlich auftrug.
Ich, dem schmählich es schien, wenn ein Gott dem Sterblichen wiche.
(Noch nicht war er ein Gott): Schau‘ mich, den Flutenbeherrscher,
Sprach ich, der mitten dein Reich in schlängelndem Laufe durchströmet.
Auch nicht komm‘ ich ein Fremdling zum Eidam dir aus der Ferne,
Sondern ein Landesgenoß und ein Teil selbst deines Gebietes.
Nur das schade mir nicht, daß weder die Königin Juno
Haß mir trägt, noch Strafe gebotener Kämpfe mir obliegt!
Denn daß du selber dich rühmst den Entsprossenen einer Alkmena;
Falsch wird Jupiter Vater genannt; wenn wahr, mit Verbrechen!
Durch der Mutter Entehrung verlangst du ihn! Wähl‘, ob erdichtet
Jupiter, oder ob du aus schimpflicher Liebe gezeugt seist!

Also redet‘ ich noch; da mit düsterem Auge mich jener
Anblickt, und nicht männlich dem flammenden Zorne gebietet.
Und er erwidert das Wort: Mehr taugt mir die Hand, wie die Zunge!
Wenn nur ins Kampf Obsieger ich bin; sei du es im Reden!

Trotzig naht‘ er heran. Scham war’s, da so hoch ich geredet,
Abzustehn. Schnell warf ich das grüne Gewand von der Schulter,
Stemme die Arm‘ entgegen, und krümmt‘ an der Weiche des Busens
Schräg die Hände zur Wehr, und gab Kampfstellung den Gliedern.
Jener besprengt mich mit Staub, in gehöhleten Händen ihn schöpfend;
Und vom erwiderten Wurfe des rötlichen Sandes ergilbt er.
Bald nun faßt er den Nacken, und bald die beweglichen Beine,
Faßt, nein, schien nur zu fassen, und zwackt von jeglicher Seite.
Mich verschanzt mein großes Gewicht; und umsonst war der Angriff.
So der gewaltige Damm, den laut anbrausend die Meerflut
Rings umtobt; er besteht, durch eigene Schwere gesichert.
Dann ein wenig getrennt, erneun wir zum Kampfe den Zulauf.
Fest hält jeder den Stand, und durchaus nicht weichen will jeder,
Fuß mit Fuße gefügt; und die Brust mir vorüber gelehnet,
Drängt ich die Hand mit der Hand, und die Stirn mit der Stirn ihm belastend,
Gleich so sah ich in Kraft zween mutige Stiere begegnen,
Wann die stattlichste Braut im ganzen Tal des Gebirges
Steht zum Preise des Kampfs; rings schauet die Herd‘, und erwartet
Bange, zu wem sich wende der Sieg so mächtiger Herrschaft.
Dreimal, ohn‘ aufzuschaun, arbeitete, frei sich zu ringen,
Herkules, meiner mit Macht anstrebenden Brust; und zum vierten
Schüttelt er ab die Umwindung und löst die geklemmten Arme;
Und mit dem Stoße der Hand (denn es gilt zu bekennen die Wahrheit!)
Wendet er stracks mich herum, und hängt mir schwer an dem Rücken.
Wenn mir Glaube gebührt (nicht such‘ ich ja Ruhm in Erdichtung!),
Als ob übergewälzt ein Berg mich drückte, so war mir.
Kaum doch wand ich die Arme heraus, die im Schweiße mir ringsum
Strömeten; kaum entzog ich den Leib der harten Verstrickung.
Aber den Keuchenden drängt er, und läßt nicht Kräfte mich sammeln;
Und er gewann mir den Nacken, und rüttelte; jetzo entsank mir
Endlich zur Erde das Knie, und ich knirschte den Sand mit den Zähnen.

Was ich an Stärke verlor, das sucht‘ ich durch Kunst zu ersetzen,
Und ich entschlüpfte dem Mann, in Gestalt der Schlange mich längend.
Aber sobald ich den Leib ausstreckt‘ in gebogene Ringel,
Und mit grausem Gezisch die gespaltene Zunge bewegte,
Lächelte bitteren Hohn der Tirynthier unseren Künsten.

Meiner Wieg‘ ist eigen die Arbeit, Schlangen zu töten!
Sprach er: und ob, Achelous, du anderen Drachen vorangehst,
Bist du einer wie nichts, vor dem Schwarm der lernäischen Hyder!
Immer fruchtbarer wuchs sie aus eigenen Wunden; und niemals
Ward vor dem Hundert der Häupter ihr eins ungerächet enthauen,
Daß nicht stärker der Hals mit doppeltem Erben emporschwoll.
Diese, die ästig umher von blutgeborenen Nattern,
Neu zum Verderb aufsproßte, bezwang ich mit Kraft und erschlug sie.
Was denn wähnst du von dir, der, zur einzelnen Schlange geheuchelt,
Fremde Waffen bewegt, und gebettelte Bildung sich umhüllt?

So der Alcid‘; und oben den Hals mit umklammernden Fingern
Packt‘ er, und würgte mir eng, wie in kneipender Zange, die Gurgel;
Und ich rang, zu entreißen die Kehl‘ aus den zwängenden Daumen.

Jetzo war dem Besiegten die dritte Verwandelung übrig,
Eines trotzigen Stiers; und im Stier‘ erneu‘ ich den Feldzug.
Doch er wickelt die Arme mir links um die hängenden Wampen,
Und mich Rennenden schleppt er zugleich; dann ergreift er die Hörner,
Dreht in den Grund sie hinab, und streckt mich entlang in den Flußsand.
Nicht ihm genug war solches: das starrende Horn in der Rechten
Zuckt‘ er wild und zerbrach’s, der verstümmelten Stirn es entreißend.
Dieses weihten Najaden, mit Obst und duftigen Blumen
Angefüllt; und es prangt mit meinem Horne der Segen.

Jener sprach’s; doch die Nymphe, geschürzt nach der Weise Dianas,
Eine der Dienenden dort, mit niederrollenden Locken,
Wandelte her und trug in dem reich gesegneten Horne
Ganz den Herbst, glückseliges Obst, als labenden Nachtisch.

Als in der folgenden Frühe die Sonn‘ anstrahlte die Gipfel,
Zogen die Jünglinge heim; denn nicht zu erwarten gefällt es,
Bis in Frieden der Strom sanft riesele, und die empörte
Flut sich gesenkt. Jetzt barg sein rohes Gesicht Achelous,
Und mit gestümmeltem Horne das Haupt in die Mitte der Wasser.
Doch ihn schändete nicht der Verlust des geraubeten Schmuckes:
Unbeschädiget sonst, verhehlt er des Hauptes Entehrung
Bald mit weidendem Laub‘ und bald mit gewundenem Rohre.

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