Ovid – Metamorphosen – Liber decimus – Hyacinthus – Übersetzung

‚Te quoque, Amyclide, posuisset in aethere Phoebus,
tristia si spatium ponendi fata dedissent.
qua licet, aeternus tamen es, quotiensque repellit
ver hiemem, Piscique Aries succedit aquoso, 165
tu totiens oreris viridique in caespite flores.
te meus ante omnes genitor dilexit, et orbe
in medio positi caruerunt praeside Delphi,
dum deus Eurotan inmunitamque frequentat
Sparten, nec citharae nec sunt in honore sagittae: 170
inmemor ipse sui non retia ferre recusat,
non tenuisse canes, non per iuga montis iniqui
ire comes, longaque alit adsuetudine flammas.
iamque fere medius Titan venientis et actae
noctis erat spatioque pari distabat utrimque, 175
corpora veste levant et suco pinguis olivi
splendescunt latique ineunt certamina disci.
quem prius aerias libratum Phoebus in auras
misit et oppositas disiecit pondere nubes;
reccidit in solidam longo post tempore terram 180
pondus et exhibuit iunctam cum viribus artem.
protinus inprudens actusque cupidine lusus
tollere Taenarides orbem properabat, at illum
dura repercusso subiecit verbere tellus
in vultus, Hyacinthe, tuos. expalluit aeque 185
quam puer ipse deus conlapsosque excipit artus,
et modo te refovet, modo tristia vulnera siccat,
nunc animam admotis fugientem sustinet herbis.
nil prosunt artes: erat inmedicabile vulnus.
ut, siquis violas rigidumve papaver in horto 190
liliaque infringat fulvis horrentia linguis,
marcida demittant subito caput illa vietum
nec se sustineant spectentque cacumine terram:
sic vultus moriens iacet et defecta vigore
ipsa sibi est oneri cervix umeroque recumbit. 195
„laberis, Oebalide, prima fraudate iuventa,“
Phoebus ait „videoque tuum, mea crimina, vulnus.
tu dolor es facinusque meum: mea dextera leto
inscribenda tuo est. ego sum tibi funeris auctor.
quae mea culpa tamen, nisi si lusisse vocari 200
culpa potest, nisi culpa potest et amasse vocari?
atque utinam tecumque mori vitamque liceret
reddere! quod quoniam fatali lege tenemur,
semper eris mecum memorique haerebis in ore.
te lyra pulsa manu, te carmina nostra sonabunt, 205
flosque novus scripto gemitus imitabere nostros.
tempus et illud erit, quo se fortissimus heros
addat in hunc florem folioque legatur eodem.“
talia dum vero memorantur Apollinis ore,
ecce cruor, qui fusus humo signaverat herbas, 210
desinit esse cruor, Tyrioque nitentior ostro
flos oritur formamque capit, quam lilia, si non
purpureus color his, argenteus esset in illis.
non satis hoc Phoebo est (is enim fuit auctor honoris):
ipse suos gemitus foliis inscribit, et AI AI 215
flos habet inscriptum, funestaque littera ducta est.
nec genuisse pudet Sparten Hyacinthon: honorque
durat in hoc aevi, celebrandaque more priorum
annua praelata redeunt Hyacinthia pompa.


Deutsche Übersetzung: (Buch 10, Vers 162-219)
Hyacinthus

Wie in Adlergestalt der Donnerer dich, Ganymedes,
Einst vom Ida geraubt, ihm einzuschenken den Nektar:
So auch hätte dich Phöbus verherrlichet, Sohn des Amyklas,
Hätte das Trauergeschick zur Verherrlichung Zeit ihm gegönnet.
Wie es vergönnt, so dauerst du fort. Wann den Winter der Frühling
Scheucht, und dem wässernden Fisch nachfolgt der heitere Widder;
Steigst du immer empor, und blühst im lebenden Rasen.

Dich vor allen erwählte der Gott zum Liebling; und Delphos,
Mitten im Kreise der Welt, ermangelte schweigend der Obhut:
Weil des Eurotas Gestad‘ und die unbefestigte Sparta
Jener umirrt, nicht achtend der hellen Gitarr‘ und des Bogens.
Selbst vergißt er den Gott, nicht Garn zu tragen verschmähend,
Nicht Jagdhunde zu halten und nicht durch rauhere Berghöh’n
Mitzugehn; und er nähret die Glut durch lange Gewöhnung.

Fast war Sol zu der Mitte der kommenden und der vollbrachten
Nacht gelangt, und er stand gleich weit vor den Enden entfernet:
Jetzo enthüllt der Gewand‘, und gesalbt mit dem Fette des Ölbaums,
Schimmern sie beid‘, und beginnen den Kampf der gerundeten Scheibe.
Diese zuerst aufwägend entsandt‘ in die wehenden Lüfte
Phöbus, und warf mit der Last die hemmende Wolk‘ auseinander.
Auf den gediegenen Boden zurück nach langer Verweilung
Sank das Gewicht und zeigte die Kunst mit der Stärke vereinigt.
Unvorsichtig sofort, und entflammt von Begierde des Spieles,
Eilt der tänarische Knabe den Kreis zu erheben; doch jenen
Warf der gehärtete Grund mit prallendem Schwung in die Höhe,
Grad ins Gesicht, Hyacinthus, dir selbst. Da erblaßte mit einmal,
So wie der Knabe, der Gott. Die wankenden Glieder empfängt er;
Und bald wärmet er dich, und trocknet die klägliche Wunde,
Bald dann leget er Kraut, die entziehende Seele zu halten.
Nichts, ach! frommet die Kunst; unheilbar blutet die Wunde.
Wie wann einer Violen und Mohn im gewässerten Garten,
Oder die Lilie knickt auf hellgrün prangendem Stengel;
Wie dann plötzlich verwelkt ihr lastendes Haupt sie herabneigt,
Und nicht länger sich hält und erdwärts schaut mit dem Wipfel:
Also hängt das Gesicht, das sterbende; welk und entkräftet,
Ist sich selbst der Nacken zur Last, und ruht auf der Achsel.

Öbalide, du sinkst, getäuscht um die blühende Jugend,
Saget der Gott; und ich sehe die Wund‘, ach! meines Verbrechens!
Du mein Schmerz, mein hartes Vergehn! Mein eigener Arm schuf
Dir frühzeitigen Tod; ich stiftete dir das Begräbnis!
Doch was trag‘ ich für Schuld? Es müßte denn Spielen sogar nun
Schuld genannt, es müßte denn Schuld auch Lieben genannt sein!
Und, oh! wär‘ es erlaubt, für dich mein Leben zu lassen,
Oder mit dir! Doch weil ja des Schicksals Wille mich bindet,
Sei du beständig mit mir und schweb‘ im Herzen und Munde!
Dich tön‘ unser Gesang, dich stets die geschlagene Leier!
Du als Blume bezeichne mit Schrift des Liebenden Wehmut!
Einst wird kommen die Zeit, da der tapferste Held der Achäer
Sich der Blume gesellt, auf ähnlichem Blatte geziffert!

Also ruft Apollo mit wahrheitredendem Munde.
Siehe, das Blut, das strömend des Erdreichs Kräuter geflecket,
Endiget Blut zu sein; voll Glanz, wie tyrischer Purpur,
Hebt sich die Blum‘ und empfänget Gestalt gleich Lilien, wenn nicht
Rötelnde Bläue die ein‘, und die anderen Silber gefärbet.
Nicht genügt es dem Phöbus; denn der war Stifter der Ehre:
Selbst mit eigenem Wehe beschreibt er die Blätter; und AI AI
Sagt dem Griechen die Schrift; und es klagt auf der Blume der Buchstab‘.

Auch nicht schämte sich Sparta des Sohns Hyacinthus; es dauert
Noch die Ehre bis heut; und, gefei’rt nach der Sitte der Alten,
Kehren mit vorgetragnem Gepräng‘ Hyacinthien jährlich.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.