Ovid – Fasti – Liber quartus – Merkur – zum 15. Mai – Übersetzung

Plebs vetus et nullis etiam nunc tuta tribunis
fugit et in Sacri vertice Montis erat;
iam quoque quem secum tulerant defecerat illos 665
victus et humanis usibus apta Ceres.
orta suburbanis quaedam fuit Anna Bovillis,
pauper, sed multae sedulitatis anus;
illa, levi mitra canos incincta capillos,
fingebat tremula rustica liba manu, 670
atque ita per populum fumantia mane solebat
dividere: haec populo copia grata fuit.
pace domi facta signum posuere Perennae,
quod sibi defectis illa ferebat opem.
Nunc mihi, cur cantent, superest, obscena puellae, 675
dicere; nam coeunt certaque probra canunt.
nuper erat dea facta: venit Gradivus ad Annam,
et cum seducta talia verba facit:
‚mense meo coleris, iunxi mea tempora tecum;
pendet ab officio spes mihi magna tuo. 680
armifer armiferae correptus amore Minervae
uror, et hoc longo tempore volnus alo.
effice, di studio similes coeamus in unum:
conveniunt partes hae tibi, comis anus.‘
dixerat; illa deum promisso ludit inani, 685
et stultam dubia spem trahit usque mora.
saepius instanti ‚mandata peregimus‘ inquit;
‚evicta est: precibus vix dedit illa manus.‘
credit amans thalamosque parat. deducitur illuc
Anna tegens voltus, ut nova nupta, suos. 690
oscula sumpturus subito Mars aspicit Annam:
nunc pudor elusum, nunc subit ira, deum.


Deutsche Übersetzung: (Buch 4, Vers 663-692)
Merkur – zum 15. Mai

Berühmter Enkel des Atlas, sei da! Den einst auf den Bergen Arkadiens eine Plejade dem Juppiter gebar, du Mittler zwischen Frieden und Waffengewalt für die Götter der Ober- und Unterwelt, der du gepflügten Fußes (deinen) Weg zurücklegst, froh beim Anschlagen der Lyra, froh auch auf dem glänzenden Ringplatz, unter dir als Lehrer hat die Zunge gelernt, gewandt zu reden, dir haben die Väter an den Iden einen Tempel erbaut, der auf den Circus (Maximus) schaut: Seitdem hast du diesen Festtag. Um Hilfe bittet dich jeder, der angibt, seine eigenen Waren zu verkaufen, und spendet (dir) Weihrauch (wörtl. mit gespendetem Weihrauch), damit du ihm reichen Gewinn verleihst. Die Quelle des Merkur ist nahe dem Capenischen Tor: Wenn es hilft, Erfahrenen zu glauben, hat sie göttliche Kraft. Dorthin kommt der Händler mit aufgegürteter Tunica und schöpft rein mit der ausgeräucherten Urna Wasser, um es (weg)zutragen. Naß wird darin der Lorbeerzweig: Mit dem (wörtl. vom) nassen Lorbeerzweig wird alles besprengt, was neue Herren haben soll, er besprengt auch selbst mit dem triefenden Lorbeer seine eigenen Haare und führt seine Gebete mit einer Stimme aus, die zu betrügen gewohnt ist: „Wasche ab die Meineide der Vergangenheit“, sagt er, „wasche ab die treulosen Worte am vergangenen Tag! Habe ich dich zum Zeugen gemacht oder die große Macht Juppiters in betrügerischer Absicht angerufen, (in der Hoffnung,) er werde es nicht hören, oder habe ich wissentlich einen anderen Gott oder eine Göttin betrogen, mögen wohl die schnellen Südwinde die ruchlosen Worte forttragen. Und mit dem kommenden Tag mögen uns die Meineide erlaubt sein, und die Himmlischen mögen sich nicht darum kümmern, wenn ich welche sage. Gib mir nur Gewinn, gib mir Freude über den gemachten Gewinn und mach, dass es sich lohnt, den Käufer betrogen zu haben!“ Über einen, der um solche Dinge bittet, lächelt Merkur vom hohen Himmel herab und erinnert sich, (selbst einst) die ortygischen Rinder heimlich gestohlen zu haben.

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