Ovid – Metamorphosen – Liber octavus – Philemon und Baucis -Übersetzung

Amnis ab his tacuit. factum mirabile cunctos
moverat: inridet credentes, utque deorum
spretor erat mentisque ferox, Ixione natus
‚ficta refers nimiumque putas, Acheloe, potentes
esse deos,‘ dixit ’si dant adimuntque figuras.‘ 615
obstipuere omnes nec talia dicta probarunt,
ante omnesque Lelex animo maturus et aevo,
sic ait: ‚inmensa est finemque potentia caeli
non habet, et quicquid superi voluere, peractum est,
quoque minus dubites, tiliae contermina quercus 620
collibus est Phrygiis modico circumdata muro;
ipse locum vidi; nam me Pelopeia Pittheus
misit in arva suo quondam regnata parenti.
haud procul hinc stagnum est, tellus habitabilis olim,
nunc celebres mergis fulicisque palustribus undae; 625
Iuppiter huc specie mortali cumque parente
venit Atlantiades positis caducifer alis.
mille domos adiere locum requiemque petentes,
mille domos clausere serae; tamen una recepit,
parva quidem, stipulis et canna tecta palustri, 630
sed pia Baucis anus parilique aetate Philemon
illa sunt annis iuncti iuvenalibus, illa
consenuere casa paupertatemque fatendo
effecere levem nec iniqua mente ferendo;
nec refert, dominos illic famulosne requiras: 635
tota domus duo sunt, idem parentque iubentque.
ergo ubi caelicolae parvos tetigere penates
summissoque humiles intrarunt vertice postes,
membra senex posito iussit relevare sedili;
cui superiniecit textum rude sedula Baucis 640
inque foco tepidum cinerem dimovit et ignes
suscitat hesternos foliisque et cortice sicco
nutrit et ad flammas anima producit anili
multifidasque faces ramaliaque arida tecto
detulit et minuit parvoque admovit aeno, 645
quodque suus coniunx riguo conlegerat horto,
truncat holus foliis; furca levat ille bicorni
sordida terga suis nigro pendentia tigno
servatoque diu resecat de tergore partem
exiguam sectamque domat ferventibus undis. 650
interea medias fallunt sermonibus horas
concutiuntque torum de molli fluminis ulva 655
inpositum lecto sponda pedibusque salignis.
vestibus hunc velant, quas non nisi tempore festo
sternere consuerant, sed et haec vilisque vetusque
vestis erat, lecto non indignanda saligno.
adcubuere dei. mensam succincta tremensque 660
ponit anus, mensae sed erat pes tertius inpar:
testa parem fecit; quae postquam subdita clivum
sustulit, aequatam mentae tersere virentes.
ponitur hic bicolor sincerae baca Minervae
conditaque in liquida corna autumnalia faece 665
intibaque et radix et lactis massa coacti
ovaque non acri leviter versata favilla,
omnia fictilibus. post haec caelatus eodem
sistitur argento crater fabricataque fago
pocula, qua cava sunt, flaventibus inlita ceris; 670
parva mora est, epulasque foci misere calentes,
nec longae rursus referuntur vina senectae
dantque locum mensis paulum seducta secundis:
hic nux, hic mixta est rugosis carica palmis
prunaque et in patulis redolentia mala canistris 675
et de purpureis conlectae vitibus uvae,
candidus in medio favus est; super omnia vultus
accessere boni nec iners pauperque voluntas.
‚Interea totiens haustum cratera repleri
sponte sua per seque vident succrescere vina: 680
attoniti novitate pavent manibusque supinis
concipiunt Baucisque preces timidusque Philemon
et veniam dapibus nullisque paratibus orant.
unicus anser erat, minimae custodia villae:
quem dis hospitibus domini mactare parabant; 685
ille celer penna tardos aetate fatigat
eluditque diu tandemque est visus ad ipsos
confugisse deos: superi vetuere necari
„di“ que „sumus, meritasque luet vicinia poenas
inpia“ dixerunt; „vobis inmunibus huius 690
esse mali dabitur; modo vestra relinquite tecta
ac nostros comitate gradus et in ardua montis
ite simul!“ parent ambo baculisque levati
nituntur longo vestigia ponere clivo.
tantum aberant summo, quantum semel ire sagitta 695
missa potest: flexere oculos et mersa palude
cetera prospiciunt, tantum sua tecta manere,
dumque ea mirantur, dum deflent fata suorum,
illa vetus dominis etiam casa parva duobus
vertitur in templum: furcas subiere columnae, 700
stramina flavescunt aurataque tecta videntur
caelataeque fores adopertaque marmore tellus.
talia tum placido Saturnius edidit ore:
„dicite, iuste senex et femina coniuge iusto
digna, quid optetis.“ cum Baucide pauca locutus 705
iudicium superis aperit commune Philemon:
„esse sacerdotes delubraque vestra tueri
poscimus, et quoniam concordes egimus annos,
auferat hora duos eadem, nec coniugis umquam
busta meae videam, neu sim tumulandus ab illa.“ 710
vota fides sequitur: templi tutela fuere,
donec vita data est; annis aevoque soluti
ante gradus sacros cum starent forte locique
narrarent casus, frondere Philemona Baucis,
Baucida conspexit senior frondere Philemon. 715
iamque super geminos crescente cacumine vultus
mutua, dum licuit, reddebant dicta „vale“ que
„o coniunx“ dixere simul, simul abdita texit
ora frutex: ostendit adhuc Thyneius illic
incola de gemino vicinos corpore truncos. 720


Deutsche Übersetzung: (Buch 8, Vers 611-720)
Philemon und Baucis

Der Fluss schwieg nach diesen Worten. Das wunderbare Ereignis hatte alle bewegt: Der Sohn des Ixion verlacht die, die (daran) glauben, und da er Verächter der Götter und wild in seinem Sinn war, sagte er: „Erdichtetes berichtest du und glaubst, Archelous, die Götter seien allzu mächtig, wenn (du glaubst,) sie nähmen Gestalten an und legten sie (wieder) ab.“
Alle entsetzten sich und missbilligten solche Worte, und vor allen (anderen) sprach Lelex, gereift in Sinn und Alter, folgendes [wörtl.: so]: „Unermesslich ist die Macht des Himmels und hat keine Grenze, und alles, was die Götter gewollt haben, ist noch immer ausgeführt worden, und damit du weniger zweifelst: Es gibt eine Eiche, benachbart einer Linde, auf den Hügeln Phrygiens, von mittelhoher Mauer umgeben. (622) Ich habe den Ort selbst gesehen: Denn mich sandte Pittheus ins Land [wörtl.: auf den Fluren] des Pelops, das einst von seinem Vater beherrscht wurde. Nicht weit von dort ist ein Teich, ehedem bewohnbares Land, nun (sind) die Wellen bevölkert von Tauchern und Wasser­hühnern, die im Sumpf leben.
Hierher kam Iuppiter in Menschengestalt und mit dem Vater der Enkel des Atlas, der Stabträger ohne Flügelschuhe. (628) Tausend Häusern hatten sie sich genähert, um einen Platz zum Ausruhen zu erbitten, tausend Häuser verschlossen ihre Türriegel. Dennoch nahm sie eines auf, ein zwar kleines, (das) mit Strohhalmen und Schilfrohr aus dem Sumpf gedeckt (war), aber die fromme Greisin Baucis und der gleichaltrige Philemon waren in jener Hütte in jugendlichen Jahren vermählt worden, in jener wurden sie gemeinsam alt und machten sich dadurch die Armut leicht, dass sie sie offen eingestanden und gleichmütig ertrugen. (635) Auch kommt es nicht darauf an, ob man dort nach den Herren oder Dienern fragt: Das ganze Hauswesen sind die zwei, die gleichen befehlen und gehorchen.
Sobald also die Himmelsbewohner die kleinen Penaten erreicht hatten und gebückten Hauptes durch die niedrige Tür eingetreten waren, hieß (sie) der Alte die Glieder auf einer: hingestellten Sitzbank ausruhen, über die die geschäftige Baucis ein grobes Gewebe darübergeworfen hatte; (641) und auf dem Herd schob sie die (noch) warme Asche auseinander und weckt das Feuer von gestern und nährt es mit Laub und trockener Rinde, entfacht es mit ihrem altersschwachen Atem zu (hellen) Flammen; kleingespaltenes Kienholz und trockenes Reisig holte sie vom Dachboden herab und zerkleinerte es (noch) und legte es unter [wörtl.: näherte es dem] den kleinen Kessel und entblättert den Kohl, den ihr Mann im bewässerten Garten zusammengesucht hatte; sie hebt mit einer zweizinkigen Gabel das rauchgeschwärzte Rückenstück eines Schweins herunter, das am schwarzen Balken hing, und schneidet vom lang aufbewahrten Rücken ein kleines Stück ab und kocht das Abgeschnittene in wallendem Wasser weich.
(651) Unterdessen verkürzen sie [wörtl.: täuschen sie] (ihnen) die Zwischenzeit mit Gesprächen und schütteln den Polster aus zartem Schilfgras vom Fluss auf, der aufs Bett gelegt war, das ein Gestell und Füße aus Weidenholz hatte [wörtl.: von einem weidenen Gestell und weidenen Füßen]. (657) Diesen hüllen sie in Decken, die sie nur zur Festzeit aufzubreiten pflegten. Aber auch diese Decke war billig und alt, über die sich das Bett aus Weidenholz nicht zu entrüsten brauchte. Die Götter legten sich zu Tisch. Aufgeschürzt und zitternd stellt die Alte den Tisch hin, aber der dritte Fuß des Tisches war zu kurz [wörtl.: ungleich]; eine Scherbe machte ihn gleich lang; nachdem diese darunter gelegt worden war und die Neigung beseitigt hatte, wischte grüne Minze den gerade gestellten (Tisch) ab. (664) Nun werden die zweifarbige Olive der reinen Minerva aufgetischt und herbstliche Kornelkirschen, die in klarer Hefe eingelegt waren, und Endivien und Rettich und Klumpen geronnener Milch und Eier, die in nicht glühender Asche leicht hin- und hergewendet worden waren, alles (war) in Tongeschirr. Danach werden der ziselierte Mischkrug aus dem gleichen ‚Silber’ und Becher aufgetragen, die aus Buchenholz hergestellt und auf der Innenseite mit gelbem Wachs bestrichen sind. (671) Bald darauf sandte der Herd die heißen Gerichte, und wiederum wird abgetragen der Wein von nicht hohem Alter und macht, etwas beiseite geschoben, Platz für den Nachtisch. Da gibt es eine Nuss, da eine Feige, mit runzeligen Datteln vermischt, Pflaumen und duftende Apfel in offenen Körbchen und Trauben, die von purpurroten Weinstöcken gelesen sind. (677) In der Mitte liegt [wörtl.: ist] eine glänzende Honigwabe; zu alledem kamen freundliche Gesichter dazu und eine diensteifrige und reichliche Willigkeit.
Inzwischen sehen sie, dass sich der so oft ausgeschöpfte Mischkrug von selbst und von sich aus nachfüllt und der Wein nachfließt: Bestürzt von dem noch nie Dagewesenen, haben sie Angst, und mit erhobenen Händen sprechen Baucis und Philemon ängstlich ein Gebet und bitten um Nachsicht wegen des dürftigen Mahles und des Mangels an Ausstattung [wörtl.: wegen keiner Ausstattung]. (684) Eine einzige Gans war da, die Wächterin des winzigen Hauses; die Hausherren wollten sich nun anschicken, diese den göttlichen Gästen zu schlachten. Jene ermüdet mit raschem Flügelschlag [wörtl: schnell mit dem Flügel] die infolge ihres Alters langsamen Leute und hält sie zum besten und schien endlich zu den Göttern selbst Zuflucht zu nehmen. Die Götter verboten, sie zu schlachten, und sagten: „Götter sind wir, und die ruchlose Nachbarschaft wird ihre verdiente Strafe büßen; euch wird vergönnt sein, frei von diesem Unheil zu sein. Verlasst nur euer Haus, (692) begleitet unsere Schritte und geht mit uns [wörtl.: zugleich] auf die Höhe des Berges!“ Beide gehorchen, und gestützt auf den Stock [eigentlich Plural], bemühen sie sich, den leicht ansteigenden Hang emporzuklimmen [wörtl.: Schritte zu setzen].
Sie waren so weit vom Gipfel (des Hügels) entfernt, wie ein einmal abgeschossener Pfeil fliegen [wörtl.: gehen] kann: Sie wandten ihre Augen zurück und erblicken vor sich, (wie) alles übrige im Sumpf versunken (ist), (aber) nur ihr Haus stehen blieb. (698) Und während sie darüber staunen, (und) während sie das Unglück der Ihren beweinen, verwandelt sich jene alte Hütte, selbst zu klein für zwei Bewohner, in einen Tempel – an die Stelle der Dachstützen traten Säulen, das Strohdach wird goldgelb -, man sieht ein vergoldetes Dach, ziselierte Türflügel und einen Boden, der mit Marmor bedeckt ist. (703) Dann sprach der Sohn des Saturn solche (Worte) mit gütigem Mund: „Sagt, redlicher Alter, und du, des redlichen Gatten würdige Frau, was ihr wünscht!“ Mit Baucis bespricht sich Philemon nur kurz und teilt den Göttern die gemeinsame Entscheidung mit: „Priester zu sein und euren Tempel zu hüten, erbitten wir; und da wir in Eintracht die Jahre verbracht haben, (709) möge uns die gleiche Todesstunde hinwegraffen, damit ich niemals die Grabstätte meiner Gattin sehe, noch von ihrer Hand bestattet werden muss!“
Dem Wunsch folgt die Erfüllung: Sie waren die Hüter des Tempels, solange (ihnen) das Leben gewährt war; als sie, von Jahren und Alter geschwächt, (einmal) zufällig vor den heiligen Stufen standen und das Schicksal des Ortes erzählten, sah Baucis, dass Philemon [von Laub bedeckt war], (und) der alte Philemon, dass Baucis mit Laub bedeckt war. (716) Und als schon über beider Antlitz ein Wipfel wuchs, tauschten/erwiderten sie, solange es möglich war, Worte und sagten zugleich: „Leb wohl, Gemahl!“, zugleich bedeckte und verbarg das Geäst ihre Münder. Jetzt noch zeigt der Bewohner Thyniens dort nebeneinander stehende Baumstämme, die aus den beiden Leibern entstanden sind.“

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