Ovid – Metamorphosen – Liber quattuordecim – Glaukus und Scylla – Übersetzung

Iamque Giganteis iniectam faucibus Aetnen
arvaque Cyclopum, quid rastra, quid usus aratri,
nescia nec quicquam iunctis debentia bubus
liquerat Euboicus tumidarum cultor aquarum,
liquerat et Zanclen adversaque moenia Regi 5
navifragumque fretum, gemino quod litore pressum
Ausoniae Siculaeque tenet confinia terrae.
inde manu magna Tyrrhena per aequora vectus
herbiferos adiit colles atque atria Glaucus
Sole satae Circes, variarum plena ferarum. 10
quam simul adspexit, dicta acceptaque salute,
‚diva, dei miserere, precor! nam sola levare
tu potes hunc,‘ dixit ‚videar modo dignus, amorem.
quanta sit herbarum, Titani, potentia, nulli
quam mihi cognitius, qui sum mutatus ab illis. 15
neve mei non nota tibi sit causa furoris:
litore in Italico, Messenia moenia contra,
Scylla mihi visa est. pudor est promissa precesque
blanditiasque meas contemptaque verba referre;
at tu, sive aliquid regni est in carmine, carmen 20
ore move sacro, sive expugnacior herba est,
utere temptatis operosae viribus herbae
nec medeare mihi sanesque haec vulnera mando,
fine nihil opus est: partem ferat illa caloris.‘
at Circe (neque enim flammis habet aptius ulla 25
talibus ingenium, seu causa est huius in ipsa,
seu Venus indicio facit hoc offensa paterno,)
talia verba refert: ‚melius sequerere volentem
optantemque eadem parilique cupidine captam.
dignus eras ultro (poteras certeque) rogari, 30
et, si spem dederis, mihi crede, rogaberis ultro.
neu dubites absitque tuae fiducia formae,
en ego, cum dea sim, nitidi cum filia Solis,
carmine cum tantum, tantum quoque gramine possim,
ut tua sim, voveo. spernentem sperne, sequenti 35
redde vices, unoque duas ulciscere facto.‘
talia temptanti ‚prius‘ inquit ‚in aequore frondes‘
Glaucus ‚et in summis nascentur montibus algae,
Sospite quam Scylla nostri mutentur amores.‘
indignata dea est et laedere quatenus ipsum 40
non poterat (nec vellet amans), irascitur illi,
quae sibi praelata est; venerisque offensa repulsa,
protinus horrendis infamia pabula sucis
conterit et tritis Hecateia carmina miscet
caerulaque induitur velamina perque ferarum 45
agmen adulantum media procedit ab aula
oppositumque petens contra Zancleia saxa
Region ingreditur ferventes aestibus undas,
in quibus ut solida ponit vestigia terra
summaque decurrit pedibus super aequora siccis. 50
parvus erat gurges, curvos sinuatus in arcus,
grata quies Scyllae: quo se referebat ab aestu
et maris et caeli, medio cum plurimus orbe
sol erat et minimas a vertice fecerat umbras.
hunc dea praevitiat portentificisque venenis 55
inquinat; hic pressos latices radice nocenti
spargit et obscurum verborum ambage novorum
ter noviens carmen magico demurmurat ore.
Scylla venit mediaque tenus descenderat alvo,
cum sua foedari latrantibus inguina monstris 60
adspicit ac primo credens non corporis illas
esse sui partes, refugitque abigitque timetque
ora proterva canum, sed quos fugit, attrahit una
et corpus quaerens femorum crurumque pedumque
Cerbereos rictus pro partibus invenit illis: 65
statque canum rabie subiectaque terga ferarum
inguinibus truncis uteroque exstante coercet.
Flevit amans Glaucus nimiumque hostiliter usae
viribus herbarum fugit conubia Circes;
Scylla loco mansit cumque est data copia, primum 70
in Circes odium sociis spoliavit Ulixem;
mox eadem Teucras fuerat mersura carinas,
ni prius in scopulum, qui nunc quoque saxeus exstat,
transformata foret: scopulum quoque navita vitat.


Deutsche Übersetzung: (Buch 14, Vers 1-74)
Glaukus und Scylla

Jetzt entließ Galatea der Nereïden Gesellschaft;
Und sie schwammen zerstreut in ruhigen Wellen des Meeres.
Scylla wandelte heim; denn der Meerflut sich zu vertrauen
Wagte sie nicht. Dort irrt sie enthüllt im gefeuchteten Sande;
Oder müde des Gangs durchdringt sie die einsame Felsbucht,
Daß sie den Leib sich erfrisch‘ im eingeschlossenen Wasser.

Sieh, ein neuer Bewohner der Salzflut spaltet die Woge,
Der am euböischen Sund‘ Anthedons jüngst sich verwandelt,
Glaukus; er naht und betrachtet mit Sehnsucht lange die Jungfrau;
Und, was immer für Wort‘ ein fliehendes Mädchen verweilen,
Saget er ihr: doch fliehet sie fort; und von Schrecken geflügelt,
Klimmt sie zur Höhe des Bergs, der nah am Ufer emporsteigt.

Gegen den Sund erhebt sich, zur einzelnen Spitze geenget,
Baumlos über den Fluten gewölbt, ein erhabener Gipfel.
Hier nun steht sie, gesichert vom Ort; und, ob Scheusal, ob Gottheit
Jener sei, erforscht sie, und sieht anstaunend die Farbe,
Sieht, wie das Haar ihm die Schulter und tief den Rücken bedecket,
Und, wie hinten der Schoß zum gewundenen Fische sich endigt.

Glaukus merkt’s, und gelehnt an den nah aufstarrenden Felsen:
Weder ein Wunder des Meers, noch ein Untier bin ich, o Jungfrau!
Saget er, sondern ein Gott. Nicht Proteus waltet, noch Triton,
Mächtiger über die Flut, noch der Athamantide Palämon
Weiland war ich indes ein Sterblicher; aber schon damals
Wohl mit dem Meere vertraut und stets in den Fluten beschäftigt.
Denn bald zog ich daher die fischumfangenden Netze,
Bald, auf Felsen gesetzt, bewegt‘ ich am Rohre die Angel.
Eine grünende Wiese begrenzt die Gestade des Meeres,
Daß hier Wogen den Rand und dort ihn gürten die Kräuter,
Welchen nie ein gehörnetes Rind mit der Zunge verletzt hat;
Noch das friedsame Schaf und die struppige Ziege gerupfet,
Nie dort trug die geschäftige Bien‘ aus würzigem Kelche;
Nie auch wand man dem Haupt hochfestliche Blumen und niemals
Mähete dort mit der Sichel die Hand. Ich selber der erste
Setzt‘ auf den Rasen mich hin, bis die triefenden Garne getrocknet.
Um nach der Ordnung indes die gefangenen Fische zu mustern
Goß ich im Grase sie aus, die sowohl in die Netze der Zufall,
Als leichtgläubiger Sinn zur gebogenen Angel geführet.
Scheinen mag’s wie erdichtet; allein was frommt mir Erdichtung?
Kaum war berühret das Gras, so beginnt mein Fang sich zu regen,
Wirft sich von Seite zu Seit‘ und strebt, wie im Meer, auf dem Lande.
Während ich dies anschauend bewundre, fliehet der ganze
Schwarm in die Flut, den Eigner zugleich und das Ufer verlassend.
Und ich erstaun‘, und forsche des Dings Ursache mit Zweifel,
Ob dies irgendein Gott, ob der Saft es gewirket des Krautes.
Was hat aber das Kraut für Tugenden? sprach ich und rupfte
Grüne Gewächs‘ in der Hand und kaute sie zwischen den Zähnen.
Kaum noch hatte die Kehle die seltsamen Säfte gekostet,
Als ich empfand, daß plötzlich die innerste Brust mir erbebte,
Und nach andrer Natur mein Herz aufwallte vor Sehnsucht.
Stillstehn konnt‘ ich nicht länger: O Land, nie wieder besuchtes,
Lebe mir wohl! so rief ich und tauchte den Leib in die Wogen.
Götter des Meers empfahn mich würdigend gleicher Verehrung;
Und zu Ozeanus flehn sie und Tethys, daß sie mir nehmen,
Was ich noch Sterbliches trage. Geheiliget werd‘ ich von ihnen.
Neunmal ummurmelte mich der Entsündigung kräftiger Bannspruch;
Und man gebot mir die Brust in hundert Strömen zu läutern.
Ohne Verzug nun rollen umher aus den Quellen die Ströme,
Und die Gewässer des Meers umfluten mir alle die Scheitel.
So weit kann ich die Tat des Wundergeschicks dir erzählen;
So weit reicht die Besinnung: das Folgende fühlte mein Geist nicht.
Als er zurück mir gekehrt; in ganz veränderter Bildung
Fand ich jetzo mich wieder, auch nicht an Geiste, wie vormals.
Jetzo erschien mir zuerst mein Bart in dunkeler Grüne,
Und dies hangende Haar, das lang die Welle durchfeget,
Auch die bläulichen Arme, zugleich die gewaltigen Schultern,
Und die Schenkel gekrümmt zum flossigen Schweife des Fisches.
Doch was frommt die Gestalt, was Mächten der Flut zu gefallen,
Was die Vergötterung mir, wenn dich das alles nicht rühret?

Als er solches gesagt, und mehreres wollte, verließ ihn
Scylla, den Gott. Da entbrannt‘ er, und unmutsvoll ob der Weigerung,
Eilt‘ er zum Wunderpalast der titanischen Circe.

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